Die deutsche Wirtschaft wird laut EU 2023 schrumpfen
Deutschland bildet das Schlusslicht beim Wirtschaftswachstum in der Eurozone und in der EU. Laut der Herbstprognose der Europäischen Kommission wird das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) in diesem Jahr um weitere 1,6 % steigen, im nächsten Jahr aber um 0,6 % zurückgehen. Deutschland ist neben Lettland (minus 0,3 %) das einzige Land der Eurozone, für das die Kommission für das Gesamtjahr ein negatives Wachstum prognostiziert. Das schwache Abschneiden Deutschlands ist vor allem auf die hohen Energiepreise zurückzuführen.
Da diese bis 2024 hoch bleiben würden und die Hilfsprogramme die Haushalte nur teilweise entlasten würden, würde der private Konsum in diesem Winter sinken und sich nur langsam erholen, so die Analyse der Kommission. Die Konjunktur werde in den kommenden Quartalen gedämpft, da energieintensive Produkte nicht mehr selbst produziert und durch Importe ersetzt werden müssten, sagte er. Das Auftragsbuch sei zwar immer noch hoch, aber rückläufig, fügt er hinzu. Lieferengpässe lösen sich auf, schränken die Produktion aber weiterhin ein.
Damit fällt die Prognose der Kommission pessimistischer aus als die der Bundesregierung und der Wirtschaftsexperten, die mit einem Minus von 0,4 % bzw. 0,2 % rechnen. In ihrer letzten Sommerprognose prognostizierte die Kommission für 2023 sogar ein Wachstum von 1,3 %. Zum Vergleich: Die französische Wirtschaft soll 2023 um 0,4 % wachsen, die italienische um 0,3 %. 2024 soll die deutsche Wirtschaft wieder um 1,4 % wachsen. Dies läge immer noch unter dem Durchschnitt der Eurozone, für die die Kommission ein Wachstum von 1,5 % erwartet.
Insgesamt erwartet die EU-Kommission wegen der Energiekrise infolge des Ukraine-Krieges im nächsten Jahr wenig Wirtschaftswachstum – aber eine deutlich höhere Inflation als zuletzt. Das BIP der Eurozone soll 2023 um magere 0,3 % wachsen. Im Sommer schätzte die EU das Wachstum noch auf 1,4 %. Für das letzte Quartal 2022 geht die Kommission davon aus, dass der Euroraum insgesamt und die meisten seiner Mitgliedsländer in eine Rezession geraten werden. Gründe dafür sind hohe Unsicherheit, hoher Druck auf die Energiepreise, Kaufkraftverlust der privaten Haushalte, ein schwächeres außenwirtschaftliches Umfeld und restriktivere Finanzierungsbedingungen.
Aufgrund des überraschend guten Wachstums im ersten Halbjahr 2022 wird jedoch erwartet, dass die Wirtschaft für das Gesamtjahr um 3,2 % wachsen wird, was über den für den Sommer prognostizierten 2,6 % liegt. Die Inflation hingegen dürfte noch stärker als erwartet ausfallen. Die Kommission erwartet nun 8,5 % im Jahr 2022 und 6,1 % im nächsten Jahr. Erst 2024 soll die Inflationsrate deutlich auf 2,6 % sinken.
Es besteht sogar die Gefahr, dass sich die europäische Wirtschaft und insbesondere die deutsche Wirtschaft noch schlechter verhalten als von der Kommission erwartet. Das Risiko, dass die Prognosen nach unten korrigiert werden, sei groß, erklärte Wirtschafts- und Währungskommissar Paolo Gentiloni bei der Vorstellung der Herbstprognosen. Das größte Risiko bestehe darin, dass sich die Gasmarktentwicklung verschlechtere und es zu Engpässen komme. Dies würde vor allem den Winter des kommenden Jahres betreffen. Wenn es der EU nicht gelingt, den russischen Gasversorgungsstopp durch Importe aus anderen Ländern zu kompensieren und den Verbrauch ausreichend zu drosseln, hat dies enorme volkswirtschaftliche Kosten zur Folge. Die Wirtschaft könnte dann 2023 um weitere 0,9 Prozentpunkte und 2024 um weitere 0,5 Prozentpunkte fallen.
Bild von Gerd Altmann
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