Sicher in der Schleuse mit SCIPPER: elektronische Einparkhilfe für Binnenschiffe

Sicher in der Schleuse mit SCIPPER: elektronische Einparkhilfe für Binnenschiffe

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Binnenschiffe haben oft wenig Spielraum. Für Skipper ist beispielsweise das Ein- und Ausfahren von Schleusen Maßarbeit. Jetzt die Wissenschaftler von Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)haben zusammen mit Industriepartnern eine Technologie entwickelt, um Skippern zu helfen. Es ist ein Navigationshilfesystem, das Satellitendaten nutzt und das Schiff autonom in die Schleuse bringen kann. Versuche mit der MS Victor Hugo in der Nähe von Straßburg, Frankreich, bewiesen, dass das System auch unter schwierigen Bedingungen funktionierte.

Binnenschiffe sicher fahren

Das SCIPPER-Projekt des DLR trägt der wachsenden Bedeutung von Binnenschiffen Rechnung. Schließlich können sie das Straßennetz entlasten und sind neben der Schiene sparsamer und vor allem umweltfreundlicher als der Lkw. Ein modernes Flussschiff ersetzt 90. Derzeit werden Binnenschiffe hauptsächlich für den Transport von Gütern wie Kohle und Erz eingesetzt. Sie transportieren auch oft große und sperrige Fracht wie Generatoren oder andere sperrige technische Geräte. Der Transport von Massengütern hat zu Schiffen geführt, die immer größer und schwieriger in engen Binnengewässern zu manövrieren sind.

SCIPPER hat ein automatisches Schleusenassistenzsystem entwickelt, im Wesentlichen einen Parkassistenten für Binnenschiffe. Es hilft Schiffsbesatzungen, ihre Fahrzeuge sicher in und aus Schleusen oder anderen engen Wasserstraßen zu manövrieren. Dies ist wichtig, da Binnenschiffe extrem langsam und daher oft schwer zu steuern sind. Die meisten sind rund 140 Meter lang und bis zu 11 Meter breit. Auch große Flüsse wie der Rhein oder die Elbe bieten nicht viel Spielraum, da die Fahrrinne immer viel schmaler ist als der gesamte Fluss.

Zu groß

In Europa sind Schiffsgrößen genormt. In der kleinsten Klasse I sind sie 38,5 Meter lang und 5 Meter breit. Schiffe der Klasse II sind zwischen 50 und 55 Meter lang. Klasse III umfasst Typen, die zwischen 60 und 80 Meter lang und bis zu 9 Meter breit sind. Es enthält auch spezielle Typen für bestimmte Wasserstraßen. Die größten Binnenschiffe gehören zur Klasse Va. Das sind die großen Rheinschiffe mit einer Länge von 110 Metern. Die Schub- und Kupplungsschiffe der Klasse Vb sind bis zu 185 Meter lang. Ansonsten sind Boote der Vib-Klasse die größten Binnenschiffe. Sie sind bis zu 135 Meter lang und 17 Meter breit und können nur größere Wasserstraßen wie den Rhein befahren, da sie für die meisten Schleusen zu breit sind.

Der Autopilot steuert die MS „Victor Hugo“ durch die Schleuse. ©DLR

Satellitennavigationssysteme

SCIPPER stützt sich auf drei Datenquellen. Die erste betrifft gängige Satellitennavigationssysteme wie das amerikanische GPS und das europäische „Galileo“-System. Ihre Ungenauigkeiten werden durch Navigationshilfen am Boden ausgeglichen. Die Abkürzung SCIPPER bezeichnet diese Navigationshilfen. Es steht für „PPP- und VDES-basiertes Schleusenassistenzsystem für die Binnenschifffahrt“.

PPP ist ein Übertragungsverfahren und steht für Precise Point Protocol. Es ist ein Verfahren zur Bestimmung der genauen Position eines Schiffes aus Satellitendaten und terrestrischen Signalen. Satellitendaten sind jedoch nicht immer genau oder werden aufgrund von Funkschatten um Brücken, Schleusen, Gebäude oder Erhebungen verspätet empfangen. „Beim Passieren von Brücken oder in hohen Schleusen wird der Empfang des Satellitensignals oft unterbrochen und verhindert die Positionsbestimmung. Für die automatisierte Schleusennavigation ist eine sehr genaue Positionsbestimmung so schnell wie möglich nach dem Abfangen der Daten erforderlich“, erklärt Dr. Ralf Ziebold vom DLR-Institut für Kommunikation und Navigation in Neustrelitz, Deutschland. Um dieses Defizit auszugleichen, haben Ziebold und seine Kollegen vom DLR-Institut für Kommunikation und Navigation innerhalb von SCIPPER ein neues PPP-Protokoll entwickelt, das die Empfangszeiten auf wenige Sekunden verkürzt. Ziebold selbst ist Gruppenleiter und spezialisiert auf nautische Systeme.

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Erhöhte Sicherheit

VDES steht für „VHF Data Exchange System“, eine Art mobiles Internet zur Übermittlung von Positionsdaten und Schiffskennungen. Diese Daten basieren auf Referenzstationen entlang der Wasserstraßen, deren Daten im VHF-Band zwischen 47 und 68 Megahertz übertragen werden. VDES ist der Nachfolger von AIS bzw „Automatisches Identifikationssystem.“ AIS ist seit dem 6. Dezember 2000 in Betrieb und für die weltweite Navigation obligatorisch. Es besteht aus Sende- und Empfangsanlagen an Bord der beteiligten Schiffe. Das System zeigt die eigene Position und die Positionen anderer Schiffe in unmittelbarer Nähe auf einer digitalen Karte an. AIS wird auch zum Austausch von Schiffs- und Navigationsdaten verwendet. Das System funktioniert auch, wenn Land zwischen den Schiffen liegt, zum Beispiel an einer Biegung der Wasserstraße.

Störungsfreiere Datenübertragung

DLR-Wissenschaftler am Institut für Kommunikation und Navigation in Oberpfaffenhofen tragen zur Entwicklung und Standardisierung von VDES bei. „Im Gegensatz zu AIS hat VDES eine höhere Bandbreite und ermöglicht damit eine störungsfreiere Datenübertragung zwischen Schiffen, Basisstationen und dem Wasserstraßen-Schifffahrtsamt“, sagt Ronald Raulefs, einer der beteiligten Forscher.

SCIPPER überwacht die Nähe um das Schiff mithilfe von Lasersensoren, die Bug- und Heckabschnitte erkennen. Auf diese Weise können Kapitäne auch Bereiche in toten Winkeln von der Brücke aus einsehen. Denn der Platz ist begrenzt, insbesondere bei der Einfahrt in eine Schleuse. Zwischen Schiffswänden und Schleuse liegen oft nur wenige Zentimeter, da viele Schleusenkanäle nur 12 Meter breit sind.

Digitale Assistenzsysteme

SCIPPER-Technologien müssen noch entwickelt werden. Das DLR baut derzeit auf der Wasserstraße Spree-Oder ein digitales Testfeld für Binnenschiffe auf. Zwischen den Häfen Königs Wusterhausen und Eisenhüttenstadt wollen Wissenschaftler Lösungen für den autonomen Betrieb von Binnenschiffen erproben. Aufgrund des geringen Verkehrsaufkommens bietet sich die Wasserstraße für diese Arbeiten gut an. Das digitale Versuchsfeld soll klären helfen, an welchen Stellen in gängigen Gütertransportketten der Einsatz von Schiffen sinnvoll ist.

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Die Bedeutung des Seeverkehrs dürfte in Zukunft noch weiter zunehmen. So prognostiziert beispielsweise der Bundesverkehrswegeplan, dass der Verkehr auf Binnenschiffen bis 2030 um 23 % zunehmen wird. Doch ihr Erscheinungsbild dürfte sich deutlich verändern. Derzeit befördern die meisten Binnenschiffe Massengut wie Kohle. Allerdings verliert der Transport von Kohle durch die Energiewende immer mehr an Bedeutung. Stattdessen werden immer mehr Container und schwere Güter wie Maschinenteile transportiert.

Unabhängiges Be- und Entladen

Binnenschiffe der Zukunft könnten kleiner und flexibler sein. Digitale Assistenzsysteme wie SCIPPER könnten hier eine wichtige Rolle spielen, da sie die jeweils günstigste Route und die wirtschaftlichste Fahrweise ermitteln würden. Sie könnten auch dazu beitragen, das Unfallrisiko zu verringern.

Langfristiges Ziel der Forscher ist es, dass Schiffe ihre Route selbst berechnen, miteinander kommunizieren und selbstständig be- und entladen.

Bild: Das-Assistenzsystem-im-Haus eines Schiffsführers © DLR.

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