Aus für die 747: 531 Tage nach dem A380 beerdigt Boeing die „Königin der Lüfte“

Aus für die 747: 531 Tage nach dem A380 beerdigt Boeing die „Königin der Lüfte“

Wirtschaft Aus für die 747

531 Tage nach dem A380 beerdigt Boeing die „Königin der Lüfte“

| Lesedauer: 4 Minuten

Gerhard Hegmann

Letzte „Königin der Lüfte“ wird 2022 gebaut

Mehr als 50 Jahre nach dem Jungfernflug stellt Boeing die Produktion seines legendären Jumbo-Jets 747 ein. Konzernchef Calhoun begründete den Schritt mit der Marktentwicklung. Zuletzt lag die Produktionsrate nur noch bei 6 Maschinen pro Jahr.

Der US-Flugzeughersteller stellt 2022 die Produktion des Jumbojets 747 ein. Die europäische Konkurrenz schließt ihre Riesenairbus-Produktion bereits nächstes Jahr. Nicht nur die Krise ist verantwortlich für das Ende des für manche schönsten Flugzeugs der Welt.

Abschied von einer Ikone der Luftfahrt: Die Bestellungen für den Boeing Jumbojet 747 wurden in den vergangenen Jahren zwar immer weniger. Die Corona-Pandemie mit Riesenverlusten für die Airlines und die Krise des Flugzeugherstellers Boeing haben aber jetzt sein Ende besiegelt.

Wie Boeing-Chef Dave Calhoun mitteilte, stellt der Konzern 2022 die Produktion seines wohl bekanntesten Modells 747 ein. Das häufig als „Königin der Lüfte“ bezeichnete Flugzeug würde damit 53 Jahre nach seinem Erstflug zum letzten Mal ausgeliefert.

Derzeit liegen Boeing nur noch ein Dutzend Bestellungen für die 747 als Frachter vor. Zuletzt wurden nur noch sechs Exemplare pro Jahr gefertigt, und Boeing muss sparen.

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Die Ankündigung des Boeing-Chefs kommt genau 531 Tage nachdem Airbus auch das Ende für Europas Jumbojet A380 ankündigte. Im nächsten Jahr wird zum letzten Mal ein Riesenairbus ausgeliefert, der als weltgrößtes Passagierflugzeug den amerikanischen Jumbojet übertrumpfte.

Eigentlich waren die Europäer angetreten, um zu zeigen, dass ihr Riesenairbus das Ende des amerikanischen Jumbos besiegelt. Aber Boeing wehrte sich. Nun kommt das Aus für beide Modelle.

Amerikas Jumbo transportierte bis zum Produktionsende dann fünf Jahrzehnte lang weltweit Passagiere. Beim Riesenairbus sind es nur 14 Jahre.

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Beide Flugzeughersteller versichern, dass sie sich auch künftig um ihre Riesenflieger kümmern werden. Es sollen also weiterhin die Jumbos fliegen, selbst wenn keine neuen Exemplare mehr gebaut werden.

Auslöser für das Sterben der Luftfahrt-Dinos sind die hohen Kosten für Flugzeuge mit vier Triebwerken. Moderne Großraumjets haben zwei Riesentriebwerke, auch wenn sie nicht ganz so viele Passagiere wie eine 747 und erst recht nicht wie eine A380 befördern können.

Zudem gibt es immer mehr Punkt-zu-Punkt-Verbindungen anstelle der Umsteigelösungen über große Flughafendrehscheiben. Daher gab es auch Auslastungsprobleme. Die Triebwerkhersteller wollen zudem keine Milliardenbeträge in die Entwicklung neuer umweltschonender Triebwerke für die Jumbos investieren.

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Beim Boeing Jumbojet sorgten zudem die Corona-Pandemie und die trüben Aussichten zur weiteren Entwicklung der Luftfahrt für das endgültige Aus. Immer deutlicher wird, dass sich die Luftfahrt langsamer aus ihrer historisch größten Krise erholt als angenommen. Während früher Flugzeuge unterschiedlicher Größen zu Hunderten bestellt wurden, sind Neuaufträge inzwischen eine Rarität.

Ohnehin kommt das Ende des 747-Jumbos nicht völlig überraschend. In jüngster Zeit sortierten die Airlines aus, etwa KLM, Virgin Atlantic und British Airways. Jüngst parkte auch die australische Fluggesellschaft Qantas ihre letzte 747 auf dem großen Flugzeugfriedhof in der kalifornischen Mojave-Wüste.

Zu den namhaften Airlines mit einer 747-Flotte gehört nach wie vor die Lufthansa, die noch 19 Exemplare der modernsten Version 747-8 hat und vom älteren Modell 747-400 im Rahmen der aktuellen Kostensenkung die Hälfte der zuvor zehn Exemplare stillgelegt hat. Von den 747-Jumbos sind viele Modelle noch als Frachter und nicht mehr als Passagierflugzeuge in Betrieb.

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Für viele Luftfahrtenthusiasten gilt der Boeing 747 Jumbojet als schönstes Flugzeug der Welt und als Wegbereiter für den weltweiten Flugtourismus. Den Startschuss für die Entwicklung des Flugzeugs gab ein Dialog des damaligen Chefs der US-Airline PanAm, Juan Trippe, mit dem damaligen Boeing-Chef, William Allen: „Wenn sie es bauen, dann kaufe ich es.“

Zum Zeitpunkt des Jungfernflugs im Februar 1969 war die 747 dann das größte Passagierflugzeug der Welt. Im Unterschied zum Airbus A380 entwickelte Boeing über Jahrzehnte unterschiedlich große 747-Versionen. Das Flugzeug wurde auch zur Gewinnquelle für Boeing.

Aktuell steckt der Konzern aber in der wohl größten Krise seiner Geschichte. Zum einen ist das nach zwei Abstürzen ausgesprochene Flugverbot für das Modell 737Max eine Belastung. Zum anderen gibt es praktisch keine Neuaufträge wegen der Corona-Pandemie.

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Im zweiten Quartal stand unter dem Strich ein Verlust von rund 2,4 Milliarden Dollar (gut zwei Milliarden Euro), wie der US-Luftfahrtriese mitteilte. Boeing kündigte auch an, seine Produktion weiter zu drosseln. Die Produktion des künftig größten Modells, der 777X, soll auf zwei Maschinen pro Monat sinken.

Die Auslieferung der ersten Maschine wird nun erst 2022 erwartet. In dem Jahr rollt auch der letzte reguläre 747-Jumbo aus der Werkshalle. Zudem arbeitet Boeing noch an zwei neuen 747-Spezialjumbos für den US-Präsidenten.

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