Trump sucht schon eine Ausrede
Trumps Twitter-Tiraden kommen jeden Tag so sicher wie das Amen in der Kirche. Je weiter er sich in die Ecke gedrängt fühlt, desto wütender ist seine Antwort. Am Donnerstag war es der historische Konjunktursturz der Vereinigten Staaten, der den selbsternannten Dealmaker aufschreckte. Das Bruttoinlandsprodukt verminderte sich in der Zeit von April bis Juni um beinahe 10 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Nach der in Amerika üblichen Berechnungsweise ergibt sich daraus ein auf das Jahr hochgerechneter Rückgang um 32,9 Prozent. Wirtschaftskrise statt „Make America great again“.
Nur Augenblicke, nachdem diese Zahl veröffentlicht wurde, twitterte Trump, man solle doch wegen Corona überlegen, die für den 3. November angesetzte Präsidentschaftswahl zu verschieben „bis die Menschen richtig und in Sicherheit wählen können“. Außerdem sei die Briefwahl zu anfällig für Manipulation. Ein typisches Ablenkungsmanöver von Trump. Und es gelang. Direkt unter der Meldung zum Konjunktureinbruch meldete die „New York Times“ Trumps Tabubruch, schließlich wurde in Amerika noch nie eine Wahl verschoben, der Termin ist in der Verfassung festgeschrieben, verschieben darf ihn nur der Kongress. Seit Beginn der Pandemie, die der amerikanische Präsident miserabel managt, fürchten die Demokraten, Trump würde die Wahl absagen oder verschieben. „Selbst für Trump ist der Vorschlag, die Wahl zu verzögern, ein außerordentlicher Verstoß gegen den Anstand, den ein Präsident haben sollte“, schreibt die Zeitung und vermutet, dass Trump vorbaut. Sollte er die Wahl gegen Joe Biden, der in den Umfragen deutlich führt, verlieren, werden er und seine Anhänger die Legitimität der Wahl in Frage stellen. Dass Trump Zweifel am Wahlausgang sähen will, schreibt auch unser verantwortlicher Redakteur in der Außenpolitik Klaus-Dieter Frankenberger in seinem Kommentar. Dem Präsidenten traut er fast alles zu: „Man mag sich nicht vorstellen, was Trump, der sich für ein ungeliebtes Genie hält und dessen Corona-Krisenmanagement nach wie vor seines Amtes unwürdig ist, alles tun könnte, falls die Wahl knapp zugunsten seines Herausforderers Joe Biden ausgehen sollte.“
Um einen anderen Populisten dreht sich an diesem Freitag alles bei der SPD. Das oberste Parteigericht verhandelt in Berlin über den Ausschluss von Thilo Sarrazin wegen parteischädigenden Verhaltens. Der frühere Berliner Finanzsenator hat bereits zweimal Berufung gegen seinen Rauswurf eingelegt. Während die meisten SPD-Mitglieder wohl froh wären, Sarrazin los zu sein, streitet die AfD derzeit wütend über die Annullierung der Mitgliedschaft von Andreas Kalbitz. Warum Parteiausschlüsse eigentlich so schwierig sind, können Sie hier nachlesen.
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