Wie eine COVID-19-Infektion die Blutzellen langfristig verändert

Wie eine COVID-19-Infektion die Blutzellen langfristig verändert

Mit der Echtzeit-Deformabilitätszytometrie konnten Forscher des Max-Planck-Zentrums für Physik und Medizin in Erlangen erstmals zeigen: Covid-19 verändert die Größe und Steifheit der roten und weißen Blutkörperchen signifikant – teilweise um mehr als das Monate. Diese Ergebnisse können helfen zu erklären, warum einige Menschen mit der Krankheit noch lange nach einer Infektion (Long-Covid) über Symptome klagen.

Atemnot, Müdigkeit und Kopfschmerzen: Manche Patienten kämpfen auch nach sechs Monaten oder länger mit den Langzeitfolgen einer schweren Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2. Dieses Post-Covid-19-Syndrom, auch Long-Covid genannt, ist noch immer nicht gut verstanden. Fest steht, dass während der Erkrankung oft die Durchblutung beeinträchtigt ist, gefährliche Gefäßverschlüsse auftreten können und der Sauerstofftransport eingeschränkt ist. All dies sind Phänomene, bei denen Blutzellen und ihre physikalischen Eigenschaften eine Schlüsselrolle spielen.

Um diesen Aspekt zu untersuchen, hat ein Team von Wissenschaftlern unter der Leitung von Markéta Kubánková, Jochen Guck und Martin Kräter vom Max-Planck-Zentrum für Physik und Medizin, dem Max-Planck-Institut für Lichtwissenschaften (MPL), der Friedrich-Alexander-Universität d’Erlangen-Nürnberg und das Deutsche Immuntherapiezentrum maßen den mechanischen Zustand der roten und weißen Blutkörperchen. „Wir konnten deutliche und nachhaltige Veränderungen in Zellen nachweisen – sowohl während einer akuten Infektion als auch danach“, berichtet Professor Guck, derzeit Geschäftsführer des MPL. Ihre Ergebnisse hat die Forschungsgruppe nun in der renommierten Fachzeitschrift Biophysikalisches Journal.

Zur Analyse von Blutzellen verwendeten sie eine selbst entwickelte Methode namens Real-Time Deformability Cytometry (RT-DC), die kürzlich mit dem renommierten Medical Valley Award ausgezeichnet wurde. Bei dieser Methode schicken die Forscher die Blutzellen mit hoher Geschwindigkeit durch einen engen Kanal. Dabei werden Leukozyten und Erythrozyten gestreckt. Eine Hochgeschwindigkeitskamera nimmt jeden von ihnen mit einem Mikroskop auf, und eine kundenspezifische Software bestimmt, welche Arten von Zellen vorhanden sind, sowie deren Größe und Stamm. Bis zu 1000 Blutzellen können pro Sekunde analysiert werden. Der Vorteil der Methode: Sie ist schnell und die Zellen müssen nicht mühsam angefärbt werden.

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Die Methode könnte als Frühwarnsystem helfen, zukünftige Pandemien durch unbekannte Viren zu erkennen

Erlanger Biophysiker untersuchten als Vergleichsgruppe mehr als vier Millionen Blutzellen von 17 schwerkranken Patienten mit Covid-19, 14 Genesenen und 24 Gesunden. Sie fanden heraus, dass sich beispielsweise die Größe und Verformbarkeit der roten Blutkörperchen bei Patienten mit der Krankheit stark von denen gesunder Menschen unterschied. Dies weist auf eine Schädigung dieser Zellen hin und könnte das erhöhte Risiko von Gefäßverschlüssen und Embolien in der Lunge erklären. Außerdem kann bei Infizierten die Sauerstoffversorgung, die eine der Hauptaufgaben der Erythrozyten ist, beeinträchtigt sein. Lymphozyten (eine Art weißer Blutkörperchen, die für die erworbene Immunabwehr verantwortlich sind) wiederum waren bei Covid-19-Patienten deutlich weicher, was in der Regel auf eine starke Immunantwort hindeutet. Ähnliche Beobachtungen machten die Forscher bei neutrophilen Granulozyten, einer anderen Gruppe von weißen Blutkörperchen, die an der angeborenen Immunantwort beteiligt sind. Diese Zellen blieben sogar sieben Monate nach der akuten Infektion radikal verändert. „Wir vermuten, dass sich das Zytoskelett der Immunzellen, das maßgeblich für die Zellfunktion verantwortlich ist, verändert hat“, sagt Markéta Kubánková, Erstautorin des Forschungsartikels. Aus seiner Sicht hat die Echtzeit-Deformabilitätszytometrie das Potenzial, routinemäßig in der Diagnose von Covid-19 eingesetzt zu werden – und sogar als Frühwarnsystem gegen zukünftige Pandemien durch noch unbekannte Viren zu dienen.

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Originalausgabe

Markéta Kubánková, Bettina Hohberger, Jakob Hoffmanns, Julia Fürst, Martin Herrmann, Jochen Guck, Martin Kräter

Der physische Phänotyp der Blutzellen ist bei COVID-19 verändert

Biophysikalisches Journal, 2021, ISSN 0006-3495

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