Vorwürfe der Untreue gegen den vermissten Milliardär Tengelmann Haub

Vorwürfe der Untreue gegen den vermissten Milliardär Tengelmann Haub

Karl-Erivan, Georg und Christian Haub (von links nach rechts)

Karl-Erivan, Georg und Christian Haub (von links nach rechts)

REUTERS / Ina Fassbender

Der verlorene Milliardär Karl-Erivan Haub führt seit Jahren ein Doppelleben mit einer russischen Geschäftsfrau.

Während seine Frau, die „Charly“ als häusliche Pflegekraft vertritt, die Liebesbeziehung nicht kommentiert, enthüllen vertrauliche Unternehmensakten, wie sein Schwager Christian derzeit nach Millionen verlorener Tengelmanns in Russland sucht.

Bisher hat Christian Haub von der Familie von Karl-Erivan fast zwölf Millionen Euro gefordert, die angeblich für private Zwecke aus den Kassen des Unternehmens entnommen wurden.

Die Stunden bis zum Verschwinden von Karl-Erivan Haub sind in den Ermittlungsakten akribisch dokumentiert. Am 6. April 2018 checkte der Chef von Tengelmann für zwei Nächte im Hotel „The Omnia“ in Zermatt ein. Am nächsten Morgen um 7:30 Uhr machte er sich alleine auf den Weg zu einem riskanten Trainingskurs in den Schweizer Alpen. Er fuhr mit dem Skilift zur Bergstation „Klein Matterhorn“. Dort oben, in einer Höhe von 3.820 Metern, zeichnete eine Videokamera das letzte Lebenszeichen auf. Um 9:09 Uhr ging die Spur des Milliardärs verloren.

Nichts deutet auf ein Verbrechen hin. Die polizeilichen Ermittlungen ergaben ebenfalls keine Beweise. Und doch gibt es im Tengelmann-Reich immer noch Spekulationen, dass „Charly“ überhaupt nicht Opfer eines tragischen Unfalls geworden ist. Vielleicht liegt das daran, dass Karl-Erivan Haub ein Leben führte, in dem vieles möglich schien.

Paranoia verfolgte einen der reichsten deutschen Männer. Haubs Gedankenwelt war geprägt von der Angst, dass jemand sein Geld oder sie verletzen möchte. Erpressungsversuche und Drohungen verstärkten diesen Eindruck in ihm. So begann er, Menschen, die sich ihm näherten, systematisch zu überwachen, und kaufte zu diesem Zweck sogar heimlich Anteile an einem Detektivbüro in Hannover. Private Ermittler folgten Leibwächtern, Geschäftspartnern, Nachbarn und sogar Mitgliedern seiner Familie. Niemand sollte in der Lage sein, ein Geheimnis vor ihm zu verbergen, und niemand sollte alle seine Geheimnisse kennen.

Laut einer Business Insider-Studie hat der ehemalige Chef von Tengelmann ein verstecktes Doppelleben geführt. Für die Öffentlichkeit sichtbar, leitete der wohlhabende Geschäftsmann ein internationales Geschäftsimperium, traf den Kanzler und nahm an festlichen Empfängen in Begleitung seiner Frau Katrin teil. Anscheinend teilte er sein anderes Leben über ein Jahrzehnt mit einer Frau aus St. Petersburg. Zu dieser Zeit arbeitete Veronika E. für eine Eventagentur und war angeblich an der Organisation einer Geburtstagsfeier für Karl-Erivans Mutter beteiligt. In ihrem Profil auf der Firmenhomepage schrieb sie über sich selbst, dass sie die Berge, extreme Abenteuer und Adrenalin liebt. Genau wie „Charly“.

Für viele Jahre war dieser Fall nur ein Gerücht im Tengelmann-Reich. Sicherheitsbeamte waren erstaunt, dass Haub keine Leibwächter zu angeblichen Geschäftstreffen in Russland mitnahm. Nach Angaben von Gefährten erhielt er sogar einen russischen Pass, um auf regulären Flügen diskret reisen zu können. Ein Beweis für die geheime Liebe ergab sich jedoch erst, als Karl-Erivan während der Rettungsmaßnahmen Textnachrichten las. Infolgedessen schrieb Veronika E. an dem Tag, an dem Karl-Erivan verschwand, dass sie nun auf dem Weg nach Moskau sei. Ihre Mitarbeiter erinnern sich kaum an ihre persönlichen Begegnungen. Sie haben die letzte Nachricht Ende 2019 erhalten, als Veronika ihren Rücktritt per E-Mail übermittelte. Der Kontakt wurde inzwischen unterbrochen. Eine bestimmte Anzahl von Menschen in der Familie stellt daher die Frage: Könnte es sein, dass Karl-Erivan untergetaucht ist, um ein anderes Leben führen zu können?

Auf Nachfrage äußert sich Katrin Haub, die als häusliche Pflegekraft die Interessen ihres Mannes vertritt, zu nichts davon. Sein Anwalt erklärt, dass dies unbegründete Spekulationen sind und dass dies seine Persönlichkeitsrechte verletzen würde. Die bewegte Vergangenheit von Karl-Erivan Haub spielt jedoch seit langem eine Rolle in der erbitterten Auseinandersetzung zwischen Katrin und ihrem Schwager Christian – Tengelmanns neuem Chef. Die Kölnerin möchte, dass sich das Unternehmen an der Finanzierung der Erbrechte beteiligt, er möchte die Familienlinie seines Bruders aus dem Unternehmen entfernen. Auch die noch nicht erfolgte Todeserklärung von Karl-Erivan ist Gegenstand des Streits geworden. Und bis sich die beiden Seiten auf die letzte Dezimalstelle eines Abfindungspakets in Höhe von einer Milliarde Dollar einigen können, dürfen die gegenseitigen Anschuldigungen und Schäden nicht aufhören.

Vor diesem Hintergrund hat Christian vor Monaten eine Untersuchung der Russland-Affäre in Auftrag gegeben. Es geht auch um Unternehmensmittel im Wert von rund 40 Millionen Euro, die zwischen Moskau und St. Petersburg verschwunden wären. Im Rahmen der zwischen 2010 und 2015 geplanten Immobilienkäufe von Plus-Agenturen sollen Unternehmensmittel zweckentfremdet worden sein. Karl-Erivan erhielt zu diesem Zeitpunkt persönlich Verdachtsmeldungen vom Prüfungsdienst, verbot jedoch weitere Tests. Ob Veronika E. dabei eine Rolle spielte, ist noch nicht geklärt.

In einem anderen Fall sind Christians Behauptungen spezifischer. Tengelmann fordert von der Kölner Familie rund zwölf Millionen Euro, die Karl-Erivan angeblich unterschlagen hat. Laut vertraulichen Akten von Business Insider finanziert das Unternehmen seit Jahren Spionageaufträge von „Charly“. Das Privatdetektivbüro Adato berechnete acht Millionen Euro für die Überwachung seines einzigen Bruders Georg.

Die Operation mit dem Codenamen „Sissy“ sollte klären, ob Georgs damaliger Partner Teil einer kriminellen Verschwörung gegen das Tengelmann-Reich war. Nach Adatos Ermittlungen stellte sie Georg absichtlich den Bankdirektor Francisco C. vor. Ein angeblich sehr gefährlicher Mann: Ende der neunziger Jahre war C. Chef der deutschen Firma St. Petersburg Immobilien AG, in der Wladimir Putin im Beirat saß und die seit langem der Geldwäsche für die Mafia verdächtigt wird Russisch. Eine strafrechtliche Untersuchung wurde aufgrund der Verjährungsfrist eingestellt.

Diese und andere zwielichtige Geschichten des Tengelmann-Clans haben ebenfalls zu weiteren Spekulationen geführt. Kurz nach dem Verschwinden von Karl-Erivan wurde ein Brief an die Kriminalpolizei geschickt. Darin drückt ein langjähriger Vertrauter der Familie seinen Verdacht aus, dass der Milliardär Opfer eines Verbrechens geworden sein muss. Bisher gibt es dafür jedoch keine schlüssigen Beweise.

Tengelmann bittet nun Katrin Haub, Adatos vertrauliche Dokumente zu übergeben. Einschließlich des Untersuchungsberichts über die Sichtung von Felix W., Karl-Erivans langjährigem Leibwächter. Warum die Spionage dieses Mannes für den Chef von Tengelmann insgesamt zwei Millionen Euro wert war, steht in einem internen Tagebuch: Der Beschützer von Karl-Erivan wäre der Liebhaber von Katrin Haub gewesen. W. bestreitet dies.

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