Verwirrung um Putin-Telefonat: Lukaschenko will Militär an Westgrenze verlegen

Verwirrung um Putin-Telefonat: Lukaschenko will Militär an Westgrenze verlegen

Der Druck auf Alexander Lukaschenko wächst. Der Staatschef von Belarus reagiert, indem er auf eine Bedrohung von Außen verweist. Angeblich habe Russland schon seinen Beistand zugesagt.

Der in Belarus (Weißrussland) durch Massenproteste gegen Wahlfälschung unter Druck geratene Machthaber Alexander Lukaschenko hat die Verlegung von Fallschirmjägern nach Grodno im Westen des Landes angeordnet. In der Region sei die Lage gespannt, sagte Lukaschenko bei einer vom Staatsfernsehen übertragenen Sitzung des Generalstabs. „Was in diesen Gebieten passiert, werden wir uns nicht ruhig anschauen.“ Details nannte er nicht.

Der 65-Jährige wies aber das Verteidigungs- und das Innenministerium sowie den Geheimdienst KGB an, keine „ungesetzlichen Aktionen“ im Land zuzulassen. Konkret planten seine Gegner eine Menschenkette vom EU-Land Litauen durch Belarus in die Ukraine. Diese Solidaritätsaktion für die Proteste müsse verhindert werden, so Lukaschenko.

Angesichts des wachsenden Drucks auf ihn versuchte der Staatschef bei mehreren Auftritten am Samstag, die Aufmerksamkeit der aufgebrachten Menschen auf eine angebliche Bedrohung aus dem Ausland zu lenken. Dabei kritisierte er Nato-Militärübungen in Polen und Litauen.

Zehntausende Menschen forderten landesweit wegen mutmaßlicher Fälschungen bei der Präsidentenwahl am Sonntag seinen Rücktritt. Viele Staatsbetriebe sind im Streik. Auch Journalisten beim Staatsfernsehen drohten mit Arbeitsniederlegung.

Hoffen auf den Bündnispartner

„Ich habe keine anderen Ziele, als einen unabhängigen und stabilen Staat zu erhalten“, sagte Lukaschenko. Wie konkret die Gefahr aussehen soll, sagte er nicht. Er hatte auch Kremlchef Wladimir Putin in einem Telefonat um Hilfe gebeten und sich dabei auf ein Verteidigungsbündnis mit Moskau berufen. Staatsmedien korrigierten am Abend jedoch Aussagen Lukaschenkos, wonach Russland militärisch einschreiten könnte. In einer Mitteilung des Kreml zu dem Telefonat war keine Rede von irgendeiner Hilfe in der jetzigen Situation.

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Russland und Belarus sind traditionell verbündet. Russland sieht das Land als Puffer zur Nato und der EU. Zuletzt waren die Beziehungen aber angespannt, nachdem Moskau Hilfen zur Stützung Lukaschenkos gekürzt hatte.

Der belarussische Analyst Artjom Schraibman hält eine russische Militärintervention zur Unterstützung Lukaschenkos für äußerst unwahrscheinlich. „Russland rettet keine stürzenden Regimes mit Streitkräften“, teilte er mit. Möglich sei, dass ein Präsident herausgeholt werde aus dem Land. „Aber ein Regime retten, das keine Basis an Unterstützern mehr hat – Nein.“ Schraibman meinte auch, Russland sei schon jetzt wegen des Ukraine-Konflikts mit Sanktionen belegt und habe kein Interesse an einer weiteren Eskalation auf internationaler Bühne.

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