"Tierversuche sind auch für die Koronaforschung erforderlich"

„Tierversuche sind auch für die Koronaforschung erforderlich“

BerlinEin Brief von Vertretern von vier großen Pharmaunternehmen sorgte kürzlich in Berlin für Aufsehen. „Wenn Tierversuche verhindert werden sollen“, schreiben sie an Bürgermeister Michael Müller (SPD), „würde der Berliner Forschungsstandort seine Attraktivität, seine Attraktivität und sein Personal verlieren“. Hintergrund war, dass sich die Ernennung einer neuen Tierschutzkommission, die gehört werden muss, bevor Tierversuche durchgeführt werden können, seit Anfang September verzögert hat – und damit die Genehmigung von Tierversuche. Der Senator für Justiz und Verbraucherschutz, Dirk Behrendt (Grüne), wurde beschuldigt, Forschungsprojekte blockieren zu wollen. In der Zwischenzeit wurde eine Entscheidung über die Zusammensetzung der Expertenkommission getroffen, in Zukunft werden vier Wissenschaftler und vier Tierschützer vertreten sein. Bisher gab es nur drei Tierschützer. Der Streit scheint vorerst beigelegt zu sein, aber eine Frage bleibt offen: Inwieweit sind Tierversuche notwendig? Emanuel Wyler arbeitet am Max-Delbrück-Zentrum für Molekulare Medizin in Berlin mit Coronaviren. In seinem Gastbeitrag erklärt er, warum Koronaforschung nicht ohne Hamster auskommen kann.

„Wie kommt es, dass manche Menschen ernsthaft krank werden, wenn sie mit dem neuartigen Sars-CoV-2-Coronavirus infiziert sind und viele andere nur leichte oder kaum wahrnehmbare Symptome haben? Dies ist eines der größten Geheimnisse von Covid-19. Wir kennen die Risikofaktoren: Ältere Menschen sind häufiger betroffen als jüngere, Männer anfälliger als Frauen und Bluthochdruck ist schwierig. Und wir wissen, dass der Krankheitsprozess am Anfang ähnlich ist. Nach der Infektion dauert es zwei bis fünf Tage, bis Sie etwas spüren können: Husten, Fieber, Kopfschmerzen und oft versagen der Geschmacks- und Geruchssinn. Wenig später, vielleicht eine Woche nach der Infektion, kommt für einige Patienten der eigentliche Wendepunkt. Normalerweise ist das erste Anzeichen eines schweren Verlaufs Kurzatmigkeit. Die Lungen sind fast verstopft, das Atmen wird immer schwieriger. Beatmung ist notwendig, manchmal sogar im induzierten Koma. Folgeschäden an anderen Organen wie den Nieren oder dem Herzen treten auf.

Siehe auch  Österreich und USA untersuchen Berichte über „Havanna-Syndrom“ bei Beamten | Stimme von Amerika

Foto: Felix Peter / MDC

Zu niemandem

Emanuel Wyler (39) forscht am Berliner Institut für Biologie medizinischer Systeme am Max-Delbrück-Zentrum (MDC) für Molekulare Medizin zur Genregulation bei Virusinfektionen. In der Gruppe von Markus Landthaler beschäftigt er sich mit der Biologie und Regulation von RNA.

Seit dem Beginn der Pandemie Die Arbeit dreht sich nun fast ausschließlich um das neue Coronavirus Sars-CoV-2, das Wissenschaftler des MDC in Zusammenarbeit mit dem Charité Institute of Virology untersuchen.

Um die Covid-19-Krankheit zu verstehen und sie damit behandeln zu können, muss man diese chronologische Abfolge verstehen. Wie schnell wandert das Virus von Nase und Rachen, wo es infiziert wird, in die Lunge? Wie reagieren Zellen in der Nase, wenn sie infiziert sind, wie z. B. Zellen in der Lunge? Wie schnell bemerkt das Immunsystem das Virus und wie reagiert es darauf? Und wo und wie kommt es zu dieser verheerenden Wende zum schwierigen Kurs?

Der erste Gedanke ist natürlich: Es gibt momentan so viele Covid 19-Patienten. Warum sollten Sie sie nicht untersuchen? Es gibt jedoch verschiedene Schwierigkeiten. Während eine Probe aus Nase oder Rachen eine relativ geringe Belastung darstellt und unverzüglich entnommen werden kann, ist sie bei Proben aus der Lunge ganz anders. Die sogenannte bronchoalveoläre Lavage, bei der Zellen mit etwas Salzwasser aus der Lunge gespült werden, bedeutet für einen bereits kranken Menschen viel Stress. Außerdem wird nur hervorgehoben, was vage schwimmt. Ein Stück der Lunge abzuschneiden ist absolut unmöglich.

Der Organismus ist schwer zu ersetzen

Die erste Einschränkung der Forschung ist folgende: Wir können nur einzelne Teile des erkrankten Körpers untersuchen und nur in dem Maße, wie dies medizinisch und ethisch vertretbar ist. Darüber hinaus zeigen viele infizierte Menschen in den ersten Tagen nach der Infektion keine Symptome. Wenn die Kranken jedoch mindestens fünf bis sieben Tage nach der Infektion im Krankenhaus eintreffen, ist es durchaus möglich, dass der Kurs schon lange festgelegt wurde. Dann wurde bereits entschieden, ob es sich um einen milden Krankheitsverlauf oder um einen möglicherweise tödlichen Fall von Covid-19 handelt.

Siehe auch  Bayer verliert erneut Berufung gegen Roundup-Krebsurteil - Expat Guide to Germany

Um die Prozesse bei infizierten Personen zu simulieren, werden im Labor verschiedene Puzzleteile zusammengestellt. Sie können Zellen von der Nase oder dem Hals gesunder Menschen kratzen und sie im Labor mit dem Virus infizieren. Oder Sie können kleine Modellorgane wie die Lunge im Labor züchten. Im Labor ist es noch realistischer, kleine Lungenstücke nach einer Lungenkrebsoperation zu infizieren. Hierfür eignen sich Zellen im Schallkantenbereich des Schnittmaterials.

Die erhaltenen Forschungsdaten sind sehr wertvoll und solche Systeme werden beispielsweise verwendet, um als ersten Schritt die Wirksamkeit möglicher Medikamente zu testen. Aber es ist kein ganzer Organismus, nur ein kleiner Teil davon. Die Teile geben kein vollständiges Bild, da nur ein lebender Körper ein funktionierendes Immunsystem und Herz-Kreislauf-System hat. Auch das Zusammenspiel der Organe kann auf diese Weise nicht verfolgt werden.

Versuchen Sie es mit infizierten Hamstern

Tierversuche sind erforderlich, um diese Lücke zu schließen. Im Tierversuch kann die Infektion zu einem bestimmten Zeitpunkt kontrolliert stattfinden. Sie können dann den Krankheitsverlauf im ganzen Körper verfolgen: Was passiert in der Lunge, damit infizierte Menschen nicht atmen können? Wie reagiert das Immunsystem auf das Virus? Welche indirekten Schäden gibt es in anderen Organen wie Herz oder Nieren? Welche Veränderungen im Blut bedeuten, dass sich Patienten manchmal in einem so schlechten Allgemeinzustand befinden?

Weltweit werden verschiedene Hamsterarten für die Erforschung von Covid-19 verwendet. Hamster können leicht mit dem Virus infiziert werden und das klinische Bild ist dem des Menschen sehr ähnlich. In einem gemeinsamen Forschungsprojekt versuchen verschiedene wissenschaftliche Einrichtungen in Berlin herauszufinden, was besonders in der Lunge und im Blut eines infizierten Tieres vor sich geht und wo genau sich der molekulare Schalter befindet, der den Übergang zur schweren Evolution von Krankheit. Wir haben bereits festgestellt, dass das Immunsystem sehr früh in der Infektion stark – vielleicht zu stark – auf das Virus reagiert und somit abrutschen und seinen eigenen Körper schädigen kann.

Siehe auch  Die Studie unterscheidet diese sieben Formen von Covid-19

Tierversuche werden normalerweise sehr genau beobachtet und Sie müssen detailliert erklären, was mit den Tieren passiert und warum. Tierversuche werden von den Landesbehörden genehmigt und kontrolliert – in Berlin vom Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso). Tierschutzbeauftragte der jeweiligen Einrichtung stellen sicher, dass alle gesetzlichen Anforderungen und Vorschriften während eines Versuchs erfüllt werden.

Forschung trägt auch ethische Verantwortung

Es gibt also nicht nur ethische, sondern auch regulatorische Grenzen. Eine strenge staatliche Kontrolle und bestehende Gesetze sollen sicherstellen, dass Tierversuche nur durchgeführt werden, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind und es keinen anderen Weg gibt. Es ist auch klar, dass sowohl das Leiden als auch die Anzahl der Tiere so gering wie möglich gehalten werden sollten. Im Labor wird beispielsweise versucht, von einem Tier möglichst unterschiedliche Kenntnisse zu erlangen.

Tiere werden weltweit in der Covid-19-Forschung eingesetzt, um die Entwicklung von Impfungen und Therapien zu beschleunigen. Das gesamte Wissen, das beispielsweise die rasche Entwicklung von Impfstoffen ermöglicht hat, basiert weitgehend auf Tierversuchen. Die Impfstoffkandidaten wurden zunächst an Nagetieren und Affen getestet, ebenso wie mögliche Medikamente. Die Berliner Forschung trägt dazu bei und trägt daher auch die ethische Verantwortung für Tierversuche – wiederum im Rahmen der streng geregelten Durchführung unbedingt notwendiger Versuche.

Es gibt viele gute und wichtige Anstrengungen, um Tierversuche zu ersetzen. Ich bin jedoch zuversichtlich, dass über die Erforschung von Covid-19 hinaus auf absehbare Zeit weiterhin Tierversuche erforderlich sein werden, um medizinische Fortschritte zu erzielen. Sie müssen sich dieser Tatsache stellen und verantwortungsbewusst damit umgehen – als Forscher und als Bürger. „“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert