Renate Künast sieht Drohmails als große Gefahr für das ganze Land
Künast betrachtet „NSU 2.0“-Drohmails als große Gefahr für Frauen und das ganze Land
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Mehrere Frauen des öffentlichen Lebens werden aktuell per Mail bedroht – für Renate Künast ist das eine neue Eskalationsstufe der Frauenverachtung. Die Rechtsprechung werde der Schwere dieser Attacken nicht gerecht.
Die Grünen-Politikerin und Bundestagsabgeordnete Renate Künast hat sich vor Gericht gegen Hass-Attacken aus dem Netz gewehrt und sieht in den aktuellen Drohmails an Frauen des öffentlichen Lebens eine weitere Eskalationsstufe.
Insbesondere Frauen, die aktiv seien, würden bedroht, so Künast im Interview mit der Nachrichtenagentur epd. „Dass diese Frauen sich herausnehmen, nicht zu Hause am Herd zu stehen, sondern Teil dieser Gesellschaft zu sein und den Mund aufzumachen, ist für einige in der rechtsextremen Szene, aus der die Mails kommen, eine Zumutung“, erklärt sie. Rechtsextremismus sei immer frauenverachtend – inzwischen sei aber mit den Morddrohungen die nächste Stufe erreicht.
Mit Blick auf Abfragen persönlicher Daten von hessischen Polizeicomputern, die den Mails vorausgingen, sprach Künast von einer „wahnsinnigen Gefahr für die Frauen“.
Die Vorgänge gefährdeten aber auch eine der Grundfesten der Gesellschaft, dass Sicherheitsbehörden sich an Recht und Gesetz hielten. „Wenn aus diesen Institutionen so agiert wird, ist das eine Gefahr für das ganze Land und nicht nur für die betroffenen Personen“, betonte Künast.
Künast ist gegen Hass-Attacken vorgegangen
Aktuell werden mehrere Linke-Politikerinnen in Hessen, Thüringen und Berlin sowie eine Rechtsanwältin aus Frankfurt am Main und eine Kabarettistin bedroht. In mehreren Fällen gingen den Mails Abfragen der persönlichen Daten von hessischen Polizeicomputern voraus. Der hessische Polizeipräsident musste zurücktreten.
Die frühere Bundesverbraucherministerin und Juristin Künast, die vor Berliner Gerichten gegen Hass-Attacken aus dem Netz gegen sie selbst vorgegangen ist, sieht vor dem Hintergrund der digitalen Verbreitung den Umgang der Justiz mit Beleidigungen und Drohungen kritisch. Sie hat in Karlsruhe eine Verfassungsbeschwerde eingereicht mit dem Ziel, die rechtliche Abwägung zwischen Meinungsfreiheit und Persönlichkeitsrechten in Hinblick auf die schwerwiegenden Folgen durch die Digitalisierung zu schärfen.
„Im analogen Zeitalter war die Reichweite von solchen Beleidigungen und Drohungen begrenzt, und die Erinnerung verblasste auch irgendwann. Im digitalen Zeitalter verblasst gar nichts“, sagte Künast: „Deshalb brauchen diejenigen, die solchen Bedrohungen ausgesetzt sind, eine andere rechtliche Unterstützung.“ In bisherigen Verfahren sei vielfach nicht richtig ermittelt oder diese zu schnell eingestellt worden, kritisierte Künast: „Viele Staatsanwaltschaften haben offenbar keine Vorstellung davon, was Politiker und Personen des öffentlichen Lebens oder auch Ehrenamtler und Kommunalbeamte so aushalten müssen.“
Es gebe inzwischen Hinweise, dass eine Mehrheit der Frauen ihre Meinung im Internet nicht äußere, weil sie die Reaktionen fürchte, sagte Künast. Das dürfe man nicht zulassen, und das müsse auch in der Rechtsprechung eine Rolle spielen.
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