Kirchensteuer: Evangelische Kirche debattiert über Rabatt für Berufseinsteiger

Kirchensteuer: Evangelische Kirche debattiert über Rabatt für Berufseinsteiger

In Deutschland traten 2019 mehr als eine halbe Million Menschen aus der Kirche aus, bei den Katholiken 272.771, bei den Protestanten 270.000. Um für jüngere Gläubige wieder attraktiver zu sein, denkt die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) über eine Absenkung der Kirchensteuer für bestimmte Gruppen nach.

„Wir diskutieren darüber, ob es vernünftig ist, für die Gruppe der Berufseinsteiger mit der Kirchensteuer eventuell noch zu warten oder sie zu reduzieren“, sagte der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm der „Welt“. Auch erwäge man, „generell flexibler zu sein, bei der Kirchensteuer Rücksicht auf bestimmte Lebenssituationen zu nehmen, die das Kirchenrecht bisher nicht vorsieht, die menschlich aber nachvollziehbar sind“.

Viele junge Menschen seien mit Studium und Ausbildung beschäftigt und verlören womöglich den Kontakt zur Kirche, sagte Bedford-Strohm. „Und wenn sie dann ihr erstes Gehalt bekommen, fragen sie sich, warum sie Kirchensteuern zahlen sollen, und treten aus.“ Aus diesem Grund werde auch über niedrigere Kirchensteuern für Berufseinsteiger diskutiert.

Dabei ist die Idee gewagt: Zuletzt sprudelten die Kirchensteuereinnahmen zwar. Doch wegen der Corona-Pandemie erwarten die Kirchen in diesem Jahr einen deutlichen Rückgang dieser Form der Mitgliedsbeiträge, die sich nach der Höhe der Einkommenssteuer berechnen. Deren Anteil beläuft sich je nach Bundesland auf acht oder neun Prozent der gezahlten Lohn- oder Einkommensteuer.

Katholischer Bischof Timmerevers für neuen Finanzausgleich

Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln hatte bereits im Frühjahr geschätzt, dass bei einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um zehn Prozent 978 Millionen Euro weniger als 2019 eingenommen würden, die EKD erwartete zuletzt einen Rückgang zwischen zehn und 25 Prozent.

Zur Einordnung: Evangelische und katholische Kirche nahmen 2019 zusammen etwa 12,9 Milliarden Euro Kirchensteuern ein, davon entfielen knapp sechs Milliarden Euro auf die evangelische Kirche. Hinzu kamen Hunderte Millionen Euro Staatsleistungen und Geld aus anderen Quellen wie der Vermietung von Immobilien.

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Angesichts der Finanzlage nimmt auch innerhalb der katholischen Kirche die Debatte über Kirchenfinanzierung wieder Fahrt auf. Zuletzt hatte der Dresdner Bischof Heinrich Timmerevers für eine neue Form der Solidarität unter den einzelnen Bistümern plädiert. „Wir haben bisher in gutem Maße Unterstützung von den westdeutschen Bistümern bekommen; jetzt merken wir, dass es auch im Westen Bistümer gibt, die finanziell nicht so gut dastehen“, sagte das geistliche Oberhaupt der Diözese Dresden-Meissen.

Die Solidarität könne nicht mehr länger nur auf Ostdeutschland ausgerichtet sein. „Der Finanzausgleich muss neu geregelt werden“, sagte Timmerevers. Wie, das sei noch vollkommen unklar.

Icon: Der Spiegel

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