Gewalttaten: Deutsche häufiger Opfer von Asylzuwanderern als umgekehrt

Gewalttaten: Deutsche häufiger Opfer von Asylzuwanderern als umgekehrt

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Deutsche häufiger Opfer von Asylzuwanderern als umgekehrt

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Marcel Leubecher

Reul stellt Lagebild zur Clan-Kriminalität vor

Die Bekämpfung krimineller Clans ist zu einem Schwerpunkt der Polizei in Nordrhein-Westfalen geworden. Sehen Sie hier, wie der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul ein Lagebild zur Clan-Kriminalität vorstellt.

Das Bundeskriminalamt (BKA) versucht mit seinen Lagebildern, die Kriminalität von Schutz-suchenden Ausländern gesondert zu erfassen. 2019 fielen in der Deliktgruppe Mord und Totschlag „138 Deutsche einer Straftat zum Opfer“. Kriminologen haben eine Erklärung.

Im Jahr 2019 wurden Deutsche deutlich häufiger Opfer einer Gewalttat durch einen Asylzuwanderer, als das umgekehrt der Fall war. Dies geht aus dem aktuellen Lagebild „Kriminalität im Kontext der Zuwanderung“ des Bundeskriminalamtes (BKA) hervor, das WELT vorliegt. Mit diesen Lagebildern versucht das BKA seit 2016 jene Ausländer gesondert zu erfassen, die in den vergangenen Jahren als Schutzsuchende ins Land gekommen sind. Als „Zuwanderer“ definiert das BKA alle Personen mit Aufenthaltsstatus Asylbewerber, Schutzberechtigter, unerlaubt aufhältig und geduldet.

Dem BKA-Papier zufolge fielen in der schwersten Deliktgruppe Mord und Totschlag „138 Deutsche einer Straftat zum Opfer, an der mindestens ein tatverdächtiger Zuwanderer beteiligt war“. Davon „wurden 27 Personen Opfer einer vollendeten Tat“. Umgekehrt wurden „53 Asylbewerber oder Flüchtlinge Opfer von Taten, an denen mindestens ein Deutscher beteiligt war“. Davon „wurde eine Person Opfer einer vollendeten Tat“.

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Im Bereich der „Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung wurden 2866 Deutsche Opfer einer Straftat mit mindestens einem tatverdächtigen Zuwanderer“, demgegenüber „wurden 95 Asylbewerber oder Flüchtlinge Opfer einer Straftat mit mindestens einem tatverdächtigen Deutschen“.

Angaben zu Opfern erfasst das BKA ausschließlich für die Kriminalitätsfelder Straftaten gegen das Leben (Mord und Tötungsdelikte), die sexuelle Selbstbestimmung, die persönliche Freiheit und Rohheitsdelikte (vor allem Körperverletzung und Raub). 1,01 Millionen Opfer solcher Straftaten wurden 2019 registriert. Darunter waren 95.400 Opfer von Straftaten, bei denen mindestens ein Zuwanderer tatverdächtig war, das waren sechs Prozent weniger als im Vorjahr (102.000). Das heißt: Fast jedes zehnte Opfer einer der oben genannten Straftaten, zu denen 2019 ein Verdächtiger ermittelt werden konnte, wurde der Täterkategorie Zuwanderer zugeordnet. Sie machen rund zwei Prozent der Bevölkerung aus.

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Insgesamt waren laut dem Lagebild unter den 95.400 Opfern der genannten Gewaltdelikte mit tatverdächtigen Zuwanderern 45.900 Deutsche. In der umgekehrten Täter-Opfer-Konstellation gab es 10.400 Fälle und damit deutlich mehr als 2018: Damals fielen noch 23 Prozent weniger (8455) Zuwanderer einer der genannten schweren Straftaten durch deutsche Tatverdächtige zum Opfer.

Wie bei allen Statistiken ist zu beachten, dass die Auffälligkeiten von Gruppen keine Aussage über den Einzelnen zulassen. Dies gilt zumal für die sehr heterogene Gruppe der in Deutschland lebenden Asylzuwanderer – von denen die Mehrheit niemals eine schwere Straftat begeht.

Zudem verweisen Kriminologen angesichts der seit Jahren deutlichen Überrepräsentation von Asylzuwanderern in der Kriminalstatistik darauf, dass sie im Durchschnitt jünger und häufiger männlichen Geschlechts sind. Sie leben eher in Großstädten und gehören zu einem größeren Anteil unteren Bildungsschichten an und sind häufiger arbeitslos. All das sind Merkmale, die statistisch die Neigung zu Straftaten erhöhen.

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Die vom BKA genannten Opferzahlen beziehen sich auf aufgeklärte Fälle, dennoch gibt es eine wichtige Unschärfe bei den vollendeten Tötungsdelikten. Denn die Behörde weist darauf hin, dass dabei „alle von der Tat betroffenen Opfer unter ‚vollendetes Delikt‘ erfasst werden“. Das heißt: Nicht jedes Opfer eines vollendeten Tötungsdelikts muss tatsächlich getötet worden sein.

Das BKA erklärt diese verwirrende Kategorisierung so: „Wurde beispielsweise ein Opfer bei einer Straftat gegen das Leben getötet, erfolgt auch für andere bei dieser Tat betroffene Opfer, unabhängig von ihrem Verletzungsgrad, die Erfassung als Opfer eines vollendeten Tötungsdelikts.“ Das BKA kündigt aber eine Verbesserung an: „Um diese Unschärfe zu beheben, wird in der Polizeilichen Kriminalstatistik ab dem Jahr 2020 auch der Verletzungsgrad eines Opfers erfasst.“

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Auch auf eine weitere mögliche Unschärfe sei hingewiesen: Die Kategorien bei der Täter-Opfer-Statistik sind nicht ganz deckungsgleich formuliert. So ist zum einen von der Konstellation „Zuwanderer tatverdächtig – Opfer deutsch“ die Rede. Im umgekehrten Fall lautet die Überschrift „Deutscher tatverdächtig – Opfer Asylbewerber oder Flüchtling“. Das BKA erklärte zu dieser Ungenauigkeit, dass in der Kategorie „Asylbewerber oder Flüchtling“ die Begriffe etwas weiter definiert seien. Wenn ein Opfer als „Asylbewerber oder Flüchtling“ erfasst werde, könne es sich auch um Personen handeln, die einmal Asylbewerber oder schutzberechtigt waren, inzwischen aber geduldet sind oder schon eine Niederlassungserlaubnis haben.

Um dem Ziel der seit 2016 erstellten Lagebilder noch näherzukommen – nämlich die Kriminalität durch und gegen als Asylsuchende zugewanderte Menschen gesondert zu erfassen – wäre es also sinnvoll, vollständig deckungsgleiche Kategorien miteinander zu vergleichen.

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Ebenfalls ein bemerkenswertes Ergebnis des aktuellen Lagebildes: Nur in 21 Prozent (10.400) aller 50.466 Fälle, in denen ein Asylbewerber oder Flüchtling Opfer einer der eingangs genannten Gewaltstraftaten wurde, war ein Deutscher tatverdächtig. In 29.668 Fällen waren die Tatverdächtigen ebenfalls Asylzuwanderer und in den übrigen 10.398 Fällen andere Ausländer. Insgesamt handelte es sich zu vier Fünfteln der Fälle um Körperverletzung.

Das ist ein recht starkes Indiz gegen die verbreitete Wahrnehmung, dass Flüchtlinge besonders durch deutsche Fremdenfeinde bedroht seien. Bei allen Schwächen der PKS wird auf Grundlage dieser Zahlen deutlich, dass Schutzsuchende in Deutschland vor allem von anderen Ausländern angegriffen werden.

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