Deutschlands neue Regierung verbietet Gesichtserkennung und Massenüberwachung - EURACTIV.com

Deutschlands neue Regierung verbietet Gesichtserkennung und Massenüberwachung – EURACTIV.com

Die deutsche „Ampel“-Koalition plant, die biometrische Gesichtserkennung zu verbieten und den Einsatz von Massenüberwachungstools einzuschränken, eine Abweichung von der Position der früheren Regierung.

In dem am Mittwoch, 24. November vorgelegten Koalitionsvertrag zwischen Sozialdemokraten, Grünen und der liberalen FDP haben sich die drei Parteien verpflichtet, Gesichtserkennungstechnologien im öffentlichen Raum zu verbieten und den Einsatz von Gesichtserkennung auf ein Minimum zu beschränken Werkzeuge.

„Wir lehnen eine vollständige Videoüberwachung und den Einsatz biometrischer Erkennung zu Überwachungszwecken ab. Das Recht auf Anonymität, sowohl im öffentlichen Raum als auch im Internet, muss gewährleistet sein“, heißt es in der Vereinbarung.

Deutsche Parteien besiegeln Einigung über neue Ampelkoalition

Die SPD, die Grünen und die wirtschaftsfreundliche liberale FDP haben zwei Monate nach der Bundestagswahl ihren Koalitionsvertrag für eine neue Regierung abgeschlossen. Olaf Scholz wird im Dezember Angela Merkel als neuer Kanzler nachfolgen. EURACTIV Deutschland berichtet.

Der Vereinbarung zufolge werden die drei Parteien auch auf europäischer Ebene auf ein Verbot der Gesichtserkennung drängen – im derzeit diskutierten KI-Gesetz.

Diese Entscheidung markiert eine klare Abkehr vom Ansatz der ehemaligen konservativ geführten Regierung. 2020 kündigte Bundesinnenminister Horst Seehofer an, an vielen Bahnhöfen und Flughäfen die automatische Gesichtserkennung einsetzen zu wollen.

Seitdem haben deutsche Behörden riesige Mengen biometrischer Daten gesammelt.

Allerdings steht Deutschland mit der Gesichtserkennung nicht alleine da. Laut einem aktuellen studieren, setzen derzeit Strafverfolgungsbehörden in 10 weiteren EU-Ländern die Technologie ein, und acht weitere Mitgliedstaaten sollen diesem Beispiel folgen.

Erfolg für die Zivilgesellschaft

Verschiedene zivilgesellschaftliche Gruppen haben Deutschlands Abkehr von der Verwendung von Gesichtserkennung und anderen biometrischen Überwachungen begrüßt.

Eine Gruppe von 65 Organisationen der Zivilgesellschaft hat bereits eine Kampagne mit dem Titel „Reclaim your face“ im Jahr 2020 gestartet, in der die Europäische Kommission aufgefordert wurde, den Einsatz biometrischer Technologien aus Angst vor Menschenrechtsverletzungen streng zu regulieren.

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„Es ist ein großer Erfolg für die Kampagne Reclaim Your Face, dass unsere Forderung nach einem Europa ohne biometrische Überwachung in den Koalitionsvertrag der Bundesregierung aufgenommen wurde“, sagte Matthias Marx, Sprecher des Chaos Computer Clubs.

Konstantin Macher von der NGO digitalcourage fügte hinzu: „Dies ist ein wichtiger Schritt für die Ziele unserer Kampagne zum Schutz der Rechte und Freiheiten der Menschen“.

Auch Branchenvertreter unterstützen den Ansatz der nächsten deutschen Regierung.

Oliver Süme, Präsident des Fachverbandes eco, begrüßte das Vorgehen der neuen Bundesregierung als richtige Entscheidung.

„Im öffentlichen Sektor … ist dies keine geeignete Technologie für die Sicherheit“, sagte Süme gegenüber EURACTIV.

Debatten auf EU-Ebene

Die EU hat bereits vorgeschlagen, die Gesichtserkennung im KI-Gesetz einzuschränken, das derzeit auf EU-Ebene verhandelt wird. Der aktuelle Gesetzesvorschlag sieht jedoch mehrere Ausnahmen vor, um drohenden Gefahren wie Terrorismus oder Entführungen entgegenzuwirken, bei denen die Verwendung der Gesichtserkennung durch die Strafverfolgungsbehörden erlaubt ist.

Die Zivilgesellschaft ist jedoch nicht die einzige, die ein Verbot der Gesichtserkennung auf EU-Ebene fordert.

Auch das Europäische Parlament ist im Spiel. Anfang Oktober verabschiedete sie eine Resolution, in der ein Verbot der Gesichtserkennungstechnologie im öffentlichen Raum gefordert wird, und sendet damit ein starkes Signal an die Mitgesetzgeber der Mitgliedstaaten.

Auch die EU-Datenwächter haben Bedenken geäußert. Unter Hinweis auf die „extrem hohen“ Risiken für die Privatsphäre forderten die Wachhunde ein pauschales Verbot der Technologie.

So wie es aussieht, haben Kritiker in Europas größtem Mitgliedsstaat eine starke Anhängerschaft gewonnen.

[Edited by Luca Bertuzzi/ Alice Taylor]

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