Deutschland wird seine Ausgaben erhöhen müssen

Deutschland wird seine Ausgaben erhöhen müssen

deutschland-muss-die-ausgaben-erhöhen [Florian Schuh/DIW Berlin]

Deutschlands neue Regierungskoalition wird wahrscheinlich offen gegenüber Änderungen der Fiskalregeln der Eurozone sein müssen, da sie selbst die Ausgaben erhöhen muss, um die „grüne“ und digitale Transformation der deutschen Wirtschaft voranzutreiben, Marcel Fratzscher, Vorsitzender der in Berlin ansässigen Institut für Wirtschaftsforschung DIW Berlin, sagt Kathimerini. „Die akzeptable Schuldenobergrenze muss deutlich angehoben werden“, sagt er.

Darüber hinaus fordert Fratzscher, dass die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Geldpolitik besser an die deutsche Öffentlichkeit kommunizieren muss. Er glaubt, dass ein schwaches Wachstum ein größeres Risiko als eine Inflation für Europa darstellt und dass eine erhebliche Zunahme fossiler Brennstoffe auf europäischer Ebene „in den nächsten 10 Jahren“ der einzige Weg ist, um die Blockklimaziele zu erreichen.

Mit Blick auf Griechenland konzentriert sich der deutsche Ökonom auf den Kampf der konservativen Regierung gegen die Bürokratie. „Eine solche Modernisierung braucht Zeit und Geduld, und ganz Europa sollte die gute Arbeit anerkennen, die Griechenland in den letzten Jahren geleistet hat“, sagte er.

Auf die Frage nach den Aussichten für die deutsche Wirtschaft sagte Fratzscher, sie erhole sich immer noch von der Covid-19-Pandemie „und werde voraussichtlich erst Mitte 2022 das Vorkrisenniveau erreichen“.

„Es wird erwartet, dass die Erholung in diesem Jahr schnell sein wird, aber es könnte in den kommenden Jahren schwieriger werden, da deutsche Unternehmen mit grünen und digitalen Transformationen zu kämpfen haben“, sagt er.

Wie würden Sie den Kerngedanken des Finanzprogramms der neuen Koalitionsregierung beschreiben? Welche Unterschiede stellen Sie im Vergleich zum wirtschaftspolitischen Mix der Vorgängerregierung fest?

Die neue Bundesregierung hat dem Klimaschutz und der digitalen Transformation der deutschen Wirtschaft einen hohen Stellenwert eingeräumt. Dies erfordert beträchtliche öffentliche Investitionen, und die neue Regierung erkennt an, dass sie dies nicht tun kann, ohne die Ausgaben zu erhöhen. Damit wird die Bundesregierung noch viele Jahre versuchen, die eigene Schuldenbremse zu umgehen.

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Welche Position wird Ihrer Meinung nach die neue Bundesregierung in der Debatte um die Haushaltsregeln der Eurozone einnehmen? Was ist Ihrer Meinung nach das vorherrschende Szenario in diesen Verhandlungen?

Ich erwarte, dass die Bundesregierung Änderungen an den Fiskalregeln der Eurozone offen gegenübersteht. Die akzeptable Schuldenobergrenze muss erheblich angehoben werden, und Europa muss Investitionen anders behandeln als den öffentlichen Konsum. Die neue Bundesregierung ist pragmatischer und kompromissbereiter.

„Es ist möglich, dass die Inflation noch einige Zeit über dem 2%-Ziel bleibt. Aber ich sehe geringes Wachstum, geringe Investitionen und finanzielle Instabilität als viel größere Risiken für Europa.“

Auch bei der Bundesbank hat es einen Führungswechsel gegeben. Erwarten Sie Änderungen in der deutschen Strategie im Vorstand der Europäischen Zentralbank?

Die Bundesbank hat in den vergangenen sieben Jahrzehnten eine wichtige Rolle in Europa gespielt. Ich erwarte, dass der neue Präsident Joachim Nagel versucht, in Europa einen Kompromiss zu schmieden, der die Geldpolitik der EZB der deutschen Öffentlichkeit und der deutschen Politik schmackhafter machen könnte. Das bedeutet nicht, dass die EZB jetzt ihren Kurs ändert, aber ich erwarte eine Änderung in der Kommunikation und Zusammenarbeit.

Wie analysieren Sie die Entwicklung der Inflation in Europa? Stimmen Sie zu, dass dies ein vorübergehendes Phänomen ist? Wie vorübergehend?

Über die Inflation in Europa in den nächsten fünf Jahren mache ich mir keine großen Sorgen. Es ist möglich, dass die Inflation noch einige Zeit über dem 2%-Ziel bleibt. Aber ich sehe schwaches Wachstum, schwache Investitionen und finanzielle Instabilität als viel größere Risiken für Europa.

Erkennen Sie Fehler in der EU-Strategie für den grünen Übergang? Oder halten Sie Energiepreiserhöhungen für unvermeidlich?

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Die Preise für fossile Brennstoffe werden in den nächsten 10 Jahren in ganz Europa dramatisch steigen müssen. Nur so kann Europa sein Klimaziel bis 2030 erreichen und mittelfristig Subventionen für fossile Brennstoffe abbauen. Erneuerbare Energien sind schon heute effizienter als fossile Brennstoffe. Langfristig könnten die Energiepreise fallen, wenn die grüne Wende gelingt.

Wie beurteilen Sie die Entwicklung der griechischen Wirtschaft und was würden Sie als größtes Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung Griechenlands bezeichnen?

Die griechische Wirtschaft wächst und das Land hat in den letzten Jahren einige sehr gute, aber auch sehr schwierige Reformen umgesetzt. Die Regierung muss ihre Bürokratie modernisieren und Anreize für ihre wichtigste Ressource schaffen: ihre Bürger. Eine solche Modernisierung braucht Zeit und Geduld, und ganz Europa sollte die gute Arbeit anerkennen, die Griechenland in den letzten Jahren geleistet hat.

Wie haben sich die Pandemie und die Wahlen auf die deutsche Wirtschaftsleistung ausgewirkt? Wie sieht das Referenzszenario für die deutsche Wirtschaft im Jahr 2022 aus?

Die deutsche Wirtschaft erholt sich noch immer von der Pandemie und dürfte das Vorkrisenniveau voraussichtlich erst Mitte 2022 erreichen. Die Erholung in diesem Jahr sollte schnell erfolgen, könnte jedoch in den kommenden Jahren schwieriger werden, da sich deutsche Unternehmen mit grünen und digitalen Transformationen auseinandersetzen.

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