Bilanz enttuscht: Netflix-Aktie bricht ein: Abo-Rekord, aber Boom lsst nach | Nachricht

Allerdings hat der pandemiebedingte Kundenansturm mittlerweile schon wieder deutlich nachgelassen. Nach dem Abo-Boom zu Jahresbeginn kamen im zweiten Quartal unterm Strich 10,1 Millionen Bezahlabonnements dazu, wie der Streaming-Marktfhrer am Donnerstag nach US-Brsenschluss in Los Gatos mitteilte. Im vorherigen Vierteljahr waren es noch 15,8 Millionen gewesen. Ende Juni brachte Netflix es weltweit insgesamt auf knapp 193 Millionen Bezahlabos.

Das Unternehmen rechnet damit, dass der Andrang weiter abnimmt. „Wir erwarten in der zweiten Jahreshlfte weniger Wachstum als im Vorjahr“, erklrte Netflix-Chef Reed Hastings im Brief an die Aktionre. Im laufenden Quartal drften lediglich 2,5 Millionen neue Kunden hinzukommen.

Im Vorquartal hatten die Ausgehbeschrnkungen aufgrund der Corona-Krise und Serienhits wie „Tiger King“ dem Videodienst einen ungewhnlich starken Zuwachs an neuen Kunden beschert, was am Finanzmarkt fr groe Euphorie sorgte. Der Aktienkurs kletterte in den vergangenen Monaten von einem Rekordhoch zum nchsten. Mit einem Brsenwert von zuletzt rund 232 Milliarden Dollar zog der Streaming-Marktfhrer sogar am Hollywood-Giganten Walt Disney vorbei, dem die Corona-Krise im Gegensatz zu Netflix stark zusetzt.

Dass der Kundenzustrom verglichen mit dem starken Auftaktquartal abebben drfte, hatte Netflix selbst vorausgesagt. Erschwerend kam im vergangenen Vierteljahr hinzu, dass die ganz groen Blockbuster-Produktionen trotz einer neuen Staffel des Crime-Dramas „Money Heist“, Spike Lees neuem Film „Da 5 Bloods“ oder der Comedy-Produktion „Space Force“ diesmal fehlten. Geschftlich lief es dennoch rund. Die Erlse legten im Jahresvergleich um starke 25 Prozent auf 6,2 Milliarden Dollar zu und der Gewinn um weit mehr als das Doppelte auf 720 Millionen Dollar (632 Mio. Euro).

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Neben den Quartalszahlen verkndete Netflix auch noch eine wichtige Personalentscheidung. Der seit ber 20 Jahren im Unternehmen ttige Programmchef Ted Sarandos wurde neben Hastings zum Co-Vorstandsvorsitzenden ernannt und erhlt auch einen Sitz im mchtigen Verwaltungsrat, der dem Vorstand bergeordnet ist. Der Wechsel mache offiziell, was de facto ohnehin schon Realitt gewesen sei – nmlich, „dass Ted und ich uns die Fhrung von Netflix teilen“, begrndete Hastings den Schritt. Sarandos soll trotz der Befrderung weiterhin die Programmauswahl des Streaming-Riesen verantworten.


So reagiert die Netflix-Aktie




Anleger haben am Freitag enttuscht auf das am Vorabend vorgelegte Zahlenwerk des Online-Videodienstes Netflix reagiert. Vor allem die Zahl der Neukunden im zweiten Quartal kam nicht gut an und auch der Ausblick auf das laufende Vierteljahr konnte nicht so recht berzeugen. An der Technologiebrse NASDAQ bten die Aktien 6,52 Prozent ein und schlossen am Freitag bei 492,99 Dollar, nachdem sie allerdings erst am Montag ein Rekordhoch bei gut 575 Dollar erreicht und damit seit Jahresbeginn um gut 50 Prozent zugelegt hatten.



Netflix hatte zwar die eigenen Schtzungen bertroffen, doch unter den Anlegern htten sich inzwischen „berzogene Erwartungen“ entwickelt, schrieb Marktexperte Jochen Stanzl vom Handelshaus CMC Markets. Eigentlich sei damit gerechnet worden, dass der „Stay at Home“-Trend weiter anhlt und Netflix international krftig Neugeschft beschert. Doch vor allem auf globaler Ebene habe Netflix enttuscht, „und das zu einem Zeitpunkt, wo mit Walt Disney und anderen Anbietern auf dem heimischen Markt eine strkere Konkurrenz entsteht“.

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Analysten wie Heath Terry von Goldman Sachs, Alex Giaimo von Jefferies oder auch Dough Anmuth von JPMorgan blieben allerdings gelassen und unverndert zuversichtlich, was Netflix‘ langfristige Zukunft betrifft.

Anmuth empfahl auerdem, die Aktie im Zuge des Kurssturzes zu kaufen, und hob das Kursziel von 535 auf 625 Dollar an. Die Zahl der Neukunden sei stark gewesen und habe mit unter dem Strich 10,1 Millionen neu abgeschlossenen Bezahlabos im zweiten Quartal sowohl die konzerneigene Erwartung als auch seine Schtzung bertroffen. Die Markterwartungen mit 11 oder sogar 12 Millionen Neukunden nannte der JPMorgan-Experte recht hoch.

Den im Vergleich zum ersten Quartal nicht mehr so starken Anstieg der Neukundenzahl begrndete Anmuth damit, dass es eine hhere Zahl an Kndigungen im zweiten Quartal gegeben habe. Denn in Europa etwa seien die ffnungen der Volkswirtschaften nach den Corona-bedingten Lockdowns frher und schneller vonstatten gegangen als in den USA. Zudem verwies der JPMorgan-Experte darauf, dass die Zahl der Neukunden weltweit im Juni zwar gesunken sei, Netflix im Juli aber wieder zu Wachstum zurckgekehrt sei.

Auf diese Tatsache verwies auch Heath Terry von Goldman Sachs, senkte jedoch zugleich das Kursziel von 670 auf 600 Dollar. Denn er hatte fr das zweite Quartal „wegen der Strke der Downloads und rcklufiger Kndigungen“ mit einem Anstieg der Neukundenzahl von 12,5 Millionen gerechnet.

Angesichts der massiven Investitionen von Netflix in Inhalte, der weltweiten Verbreitung und der sich verbessernden Wettbewerbsposition drften die Finanzergebnisse des Online-Videodiensts laut Terry insgesamt auch ber die aktuelle Krise hinaus weiter deutlich ber den Konsensschtzungen liegen. Daher bekrftigte er die Aktie als Titel auf der Empfehlungsliste „Conviction Buy List“ fr besonders aussichtsreiche Werte.

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Netflix selbst rechnet erst einmal damit, dass der Andrang weiter abnimmt. „Wir erwarten in der zweiten Jahreshlfte weniger Wachstum als im Vorjahr“, schrieb Netflix-Chef Reed Hastings in einem Brief an die Aktionre. Wegen dieses Ausblicks htten die Aktien „den Gang auf die Strafbank antreten mssen“, schrieb der Jefferies-Fachmann Giaimo. An seiner langfristig positiven Einschtzung ndere das aber nichts. Das Unternehmen wachse weiter stark und knnte die Gewinnmargen mit der Zeit wohl deutlich steigern.

Weitaus pessimistischer ist Analyst Manuel Mhl von der DZ Bank, der weiter zum Verkauf der Aktien rt. Der Filmstreaming-Anbieter sei mit seinen Kennziffern an den hohen Markterwartungen gescheitert. Die „Sonderkonjunktur“ durch Corona sei wohl vorbei. Was bleibe, seien ein harter Wettbewerb und die Sorgen um die Preissetzungsmacht des Unternehmens.

/hbr/DP/eas

LOS GATOS (dpa-AFX)

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