Barack Obamas Trauerrede wird zur Abrechnung mit Donald Trump

Barack Obamas Trauerrede wird zur Abrechnung mit Donald Trump

Der frühere US-Präsident Barack Obama hat seinen Nachfolger Donald Trump für sein Vorgehen gegen Demonstranten scharf kritisiert. „Wir werden Zeugen, wie unsere Bundesregierung Polizeiagenten entsendet, um Tränengas und Schlagstöcke gegen friedliche Demonstranten einzusetzen“, sagte Obama am Donnerstag bei einer Trauerrede für den verstorbenen Bürgerrechtsaktivisten und Abgeordneten John Lewis.

Der erste schwarze Präsident der US-Geschichte kritisierte zudem Versuche „von jenen an der Macht“, Afroamerikaner und andere Minderheiten vom Wählen abzuhalten.

Obama nannte unter anderem die Schließung von Wahllokalen, ein Erschweren von Briefwahlen sowie verschärfte Regeln zur Wählerregistrierung, von der Minderheiten besonders betroffen sind. „Unsere Wahlrechte werden mit chirurgischer Präzision beschnitten“, sagte der US-Demokrat in einer stellenweise kämpferischen Rede, ohne seinen Amtsnachfolger namentlich zu nennen. „Wenige Wahlen waren in vielerlei Hinsicht so wichtig wie diese“, sagte Obama.

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Trump hatte unter anderem Bundespolizisten in die Stadt Portland entsandt, die dann mit großer Härte gegen Demonstranten vorgingen. Der Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis im Mai hat landesweite Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt gegen Schwarze ausgelöst. Am Rande der meist friedlichen Proteste kam es wiederholt zu Ausschreitungen.

Wahl verschieben? Republikaner kritisieren Trump-Idee

Am Donnerstag sorgte Trump zudem mit einem Tweet für Empörung – auch im eigenen Lager. Darin brachte er eine Verschiebung der Präsidentschaftswahl ins Spiel. Der Mehrheitsführer von Trumps Republikanern im Senat, Mitch McConnell, sagte am Donnerstag, die Wahl werde wie geplant am 3. November stattfinden. „In der Geschichte des Landes, in Kriegen, Wirtschaftskrisen und dem Bürgerkrieg, haben wir noch nie eine auf Bundesebene angesetzte Wahl nicht zum geplanten Zeitpunkt abgehalten.“

„Wir werden einen Weg finden, das auch am 3. November zu machen“, sagte McConnell, ein wichtiger Verbündeter Trumps im US-Kongress. Mit Blick auf mögliche Schwierigkeiten wegen der Coronavirus-Krise fügte er hinzu: „Wir werden mit jeder möglichen Situation umgehen.“

Der konservative Senator Marco Rubio distanzierte sich ebenfalls von Trump. „Ich wünschte, er hätte das nicht gesagt“, sagte Rubio. Der Wahltermin werde aber nicht verändert: „Wir werden im November eine Wahl abhalten, und es wird eine Wahl sein, in welche die Menschen Vertrauen haben.“

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Trump hatte zuvor auf Twitter erklärt, wegen der Zunahme von Briefwahlen inmitten der Coronavirus-Krise drohten die für November angesetzten Wahlen die „fehlerhaftesten und betrügerischsten“ in der US-Geschichte zu werden. „Es wird eine große Peinlichkeit für die USA“, fügte der Republikaner hinzu und fragte: „Die Wahl verschieben, bis die Menschen richtig und in Sicherheit wählen können?“

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Es gibt bislang keine Beweise, dass Briefwahlstimmen eine US-Wahl verfälscht hätten – selbst in Staaten nicht, in denen Briefwahl grundsätzlich ohne besonderen Grund möglich ist. Die Regeln für die Briefwahl sind Sache der einzelnen US-Staaten, daher gibt es Unterschiede. Fünf Staaten, die sich bereits ausschließlich auf Mail-in-Abstimmungen stützen, haben erklärt, sie hätten die nötigen Sicherheitsvorkehrungen getroffen, damit die Wahl nicht von Dritten manipuliert werden könne.

Wirtschaft bricht ein

Trump ist derzeit in einem Umfragetief, sein designierter demokratischer Herausforderer Joe Biden liegt deutlich vor ihm, selbst in traditionell heiß umkämpften Staaten, den sogenannten Swing States. Trumps Tweet erfolgte an einem Tag, an dem die Regierung bekanntgab, dass die US-Wirtschaft im zweiten Quartal aufs Jahr hochgerechnet um fast 33 Prozent eingebrochen ist – ein historischer Wert.

Das Datum der Präsidentenwahl ist im Bundesrecht festgeschrieben; eine Veränderung müsste vom Kongress beschlossen werden. Bislang zeichnet sich dafür keine Neigung ab. Trumps Wahlkampfteam und die Republikanische Partei haben gegen die Briefwahl Klage eingereicht – eine Praxis, von der die Partei einst selbst deutlich profitierte.

Die oppositionellen Demokraten reagierten mit scharfer Kritik auf den Vorstoß des Präsidenten, der in Umfragen hinter seinem Herausforderer Joe Biden liegt. „Trumps Drohung ist nichts als ein verzweifelter Versuch, von den heutigen verheerenden Wirtschaftszahlen abzulenken“, erklärte die Partei mit Blick auf neue Konjunkturzahlen zum zweiten Quartal.

„Trump kann so viel twittern wie er will, aber die Wahrheit ist: Er kann die Wahl nicht verschieben, und im November werden ihn die Wähler für sein Versagen zur Rechenschaft ziehen.“ Oppositionsführerin Nancy Pelosi twitterte lediglich den Verfassungsartikel, der festhält, dass der US-Kongress den Wahltermin festlegt.

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